So sieht es aus
Handel wird vermehrt in die Pflicht genommen
Sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene gibt es Bestrebungen, die Erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) auf immer mehr Bereiche auszuweiten. Die Handelsunternehmen sind aufgrund ihrer Produktvielfalt in hohem Maße von dieser Entwicklung betroffen. Da wo es sinnvoll ist, sind Systeme der Erweiterten Herstellerverantwortung im Sinne der Handelsunternehmen, da auch ihnen daran gelegen ist, Stoffkreisläufe zu schließen, Materialien wiederzuverwenden und nachhaltige Lösungen für die Verwertung zu entwickeln.
Bei allen Vorhaben gilt es allerdings zu prüfen, ob alle beteiligten Akteure hinreichend in die Erweiterte Herstellerverantwortung einbezogen werden. Vielfach sind Handelsunternehmen nicht originär Hersteller und übernehmen Pflichten, von denen die Herstellerunternehmen befreit sind. Dies ist vor allem bei der Rücknahme von Elektrokleingeräten der Fall. Der Handel und Verkauf von Produkten impliziert nicht zwangsläufig das Vorhandensein von Logistik und Strukturen für alle Belange der Erweiterten Herstellerverantwortung. Dazu plädiert der HDE für eine Verteilung der Belastungen zwischen allen beteiligten Akteuren. Aktuell wird der Fokus vielfach auf den Handel und nur in geringem Maße auf die eigentlichen Hersteller der Produkte gelegt. Dies ist unter anderem im Bereich der Elektrogeräte als auch bei der Diskussion um die Steigerung der Glassammelmengen zu beobachten. Hier besteht noch Spielraum, um die Herstellereinbeziehung gerechter zu gestalten.
Die Herausforderung
Kompetenzen ermöglichen Verantwortung
Die Mitgliedsunternehmen des HDE sind vielfältig und ihr Portfolio umfasst eine breite Produktpalette. Dementsprechend sind die Kompetenzen und Ausrichtungen unterschiedlich gelagert. Lebensmittelhändler verfügen über eine andere Struktur als Textilunternehmen oder Onlineplattformen. Regelungen für Erweiterte Herstellerverantwortung sollten diese Vielfalt berücksichtigen und keine Pauschallösungen für „den Handel“ vorsehen. Expertise und Kompetenzen sollten den Ausschlag geben, um Herstellerverantwortung fair und gerecht auf die beteiligten Akteure zu verteilen.
Zeit zum Handeln
Faire Beteiligung der Hersteller und Handelsunternehmen
Verpackungen, Textilien, Elektroaltgeräte und Altglas – von Seiten der Politik gibt es viele Felder, in denen der Handel mehr Verantwortung übernehmen sollte. In vielen Fällen kann die Expertise und das Know-how tatsächlich gewinnbringend eingebracht werden, um Kreisläufe zu schließen und Ressourcen optimal wiederzuverwenden. Schwierig wird es allerdings dann, wenn die Vielfalt des Handels zum Anlass genommen wird, um per se sämtliche Verantwortlichkeit auf die Handelsunternehmen zu übertragen. Gerade bei der Rücknahme und anschließenden Verwertung sollten die Hersteller und deren Expertise mitgedacht und einbezogen werden.
Es zeigt sich bereits jetzt, dass etwa bei der Rücknahme von Elektrogeräten sowohl die Akzeptanz der Verbraucher als auch die entsprechende Logistik bei den Handelsunternehmen an ihre Grenzen stoßen. Zu begründen ist das u.a. damit, dass die Handelsunternehmen hier nicht als originär zuständig angesehen werden. In der letzten Gesetzesnovelle des ElektroG wurden erneut Zuständigkeiten für den Handel festgeschrieben, während die Hersteller nur minimale Verantwortung übernehmen müssen. Hier besteht Nachbesserungspotenzial, um eine faire Aufteilung der Verantwortung und auch der Kosten zu gewährleisten. Um eine signifikante Verbesserung der Sammelquote zu erreichen sind diese Maßnahmen, zusammen mit einer kritischen Evaluierung der Quotenberechnung auf europäischer Ebene sinnvoll.
Überlegungen weitere Pflichten im Rahmen der Erweiterten Herstellerverantwortung auf die Handelsunternehmen zu übertragen, etwa im Bereich der Altglassammlung sind angesichts der bestehenden Pflichten in vielen anderen Bereichen abzulehnen. Kompetenzzuschreibungen aus rein praktischen Überlegungen ohne Berücksichtigung der Gegebenheiten sind abzulehnen. Der Handel steht für einen konstruktiven Dialog mit allen beteiligten Akteuren zur Verfügung, sofern eine faire Aufgaben- und Kostenbeteiligung gewährleistet wird.
Stefanie Stadie
Referentin Umwelt
E-Mail: stadie@hde.de