So sieht es aus

Nachhaltigkeitsbericht: Fehlende Planungs- und Rechtssicherheit

Die Unternehmen des deutschen Einzelhandels haben erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Sorgfalts- und Berichtspflichten in ihren Lieferketten zu erfüllen. Die Übernahme sozialer und umweltbezogener Verantwortung in globalen Lieferketten ist und bleibt – unabhängig von der rechtlichen Regulierung – eine Selbstverständlichkeit für deutsche Handelsunternehmen.

Ziel der europäischen Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) ist es, die Rechenschaftspflicht europäischer Unternehmen über Nachhaltigkeitsaspekte zu erhöhen und auf EU-Ebene einzuführen. Ab dem 1. Januar 2025 gilt die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in der Europäischen Union – doch das deutsche Umsetzungsgesetz ist nicht fristgerecht in Kraft getreten. Viele Unternehmen, die sich auf die Richtlinie vorbereiten und bald in den Anwendungsbereich fallen, sind mit einer enormen Rechts- und Planungsunsicherheit konfrontiert. Zudem wurden die geforderten Berichtsstandard durch die EU vergleichsweise spät vorgelegt, weitere sektorspezifische Standards sind noch nicht veröffentlicht und werden abermals für mehr Komplexität sorgen.

Unternehmen müssen ihre Prozesse auf der Basis von Annahmen aufsetzen und diese unter dem Einsatz großer finanzieller und personeller Ressourcen aufwendig anpassen. Genossenschaften und Verbundgruppen droht bei einer 1:1-Umsetzung die zwingende Erstellung von zahlreichen, identischen Nachhaltigkeitsberichten für jede Tochtergesellschaft.

Die Herausforderung

Sinnvolle Daten erheben und mit Augenmaß berichten

Mit seinen 1.178 Datenpunkten und den zugrunde liegenden European Sustainability Reporting Standards (ESRS-Standards) stellt der CSRD-Bericht einen enormen Aufwand für Handelsunternehmen sowie Lieferanten dar. Die Implementierung ist für viele Unternehmen nicht nur komplex, sondern auch finanziell belastend. Handelsunternehmen müssen wertvolle Ressourcen für die Erfüllung von Berichtspflichten einsetzen und diese vom Kerngeschäft der Nachhaltigkeitsabteilungen abziehen.

Zeit zum Handeln

Praxisnahe Implementierung und Ausgestaltung der Maßnahmen

Der Handel unterstützt die Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft und befürwortet, dass die Qualität und Vergleichbarkeit von Nachhaltigkeitsinformationen verbessert werden soll. Viele Handelsunternehmen haben bereits eine jahrzehntelange Erfahrung in der Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten nach international anerkannten Standards. Wir begrüßen, dass eine Ersetzungsbefugnis die Vermeidung doppelter Berichtspflichten regeln soll.

Die CSRD stellt Unternehmen in der Praxis jedoch vor enorme und teilweise unnötige Anforderungen hinsichtlich der Datenerhebung und der dafür erforderlichen Prozesse. Es gibt viele offene Fragen aufgrund der fehlenden Harmonisierung von Gesetzen im Nachhaltigkeitsbereich – wie zum Beispiel dem europäischen Lieferkettengesetz (CSDDD) und dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Um ein nachhaltigeres Geschäftsumfeld zu fördern, ist es unerlässlich, einen praktischeren Ansatz zu implementieren, der den Umsetzungsaufwand verringert und gleichzeitig wirksame Nachhaltigkeitsprozesse
unterstützt.

Mit Blick auf die nationale Umsetzung der CSRD sollten auch Genossenschaften und Verbundgruppen Beachtung finden. Wird die EU-Richtlinie 1:1 umgesetzt, droht diesen die zwingende Erstellung zahlloser, identischer Nachhaltigkeitsberichte ohne jeden Mehrwert. Ein freiwillig eingereichter Bericht auf Konzernebene ist ausreichend, um alle relevanten Nachhaltigkeitsaktivitäten abzubilden. Alternativ sollte die Pflicht zur Erstellung des Nachhaltigkeitsberichts über einen Verweis auf einen zentralen Nachhaltigkeitsbericht der Verbundgruppe ermöglicht werden.

Weiterhin bedarf es einer Klarstellung, dass die „Offenlegungslösung“ in Deutschland ebenfalls europarechtskonform umgesetzt werden kann. Die vorgesehene Regelung, den (Konzern-)Lagebericht im elektronische Berichtsformat (ESEF) für die digitale Nachhaltigkeitsberichterstattung aufzustellen, sollte nur für die Offenlegung von Lageberichten, nicht jedoch bereits für deren Aufstellung verpflichtend sein. Diese Regelung beinhaltet einen hohen Zusatzaufwand für viele Unternehmen, ohne nennenswerten Nutzen für die Adressaten und bedarf einer zügigen Berichtigung.

Neben Wirtschaftsprüfern sollten weitere technischen Experten für die Prüfungen der CSRD-Berichte zugelassen werden, um Kapazitätsengpässe bei der externen Prüfung zu vermeiden und Kosten zu senken.

Jelena Nikolić
Leiterin CSR-/Nachhaltigkeitspolitik
E-Mail: nikolic@hde.de