So sieht es aus

Die Branche ist einer der größten Arbeitgeber und Ausbilder

Trotz multipler globaler Krisenherde und eines schwierigen wirtschaftspolitischen Umfeldes liegt die Gesamtbeschäftigung im Einzelhandel weiter auf Rekordniveau. So sind in der Branche nach aktuellen Erhebungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) erneut rund 3,1 Millionen Menschen beschäftigt. Der Einzelhandel ist damit einer der größten Arbeitgeber und auch Ausbilder in Deutschland. So bietet der Handel für junge Menschen mehr als 60 duale Ausbildungsberufe im Geschäft, Lager/Logistik und Büro, darüber hinaus werden dreijährige Abiturientenprogramme (Kombination aus Aus-, Fortbildung und Ausbilderschein) und duale Studiengänge angeboten. Vor allem die beiden Kernausbildungsberufe Kaufleute im Einzelhandel und Verkäufer gehören regelmäßig zu den beliebtesten Ausbildungsberufen. Auch die Abiturientenprogramme des Handels erfreuen sich alljährlich größter Beliebtheit.

Seit Dezember 2022 informiert der HDE mit Unterstützung von verschiedenen Handelsunternehmen auf www.karriere-handel.de sowie Social-Media-Kanälen Schüler, Studierende mit Wechselabsichten, Eltern und Lehrkräfte u.a. über die Berufsangebotsvielfalt und gute Aufstiegschancen, klärt über Klischees auf und gibt durch Auszubildende und junge Fachkräfte praxisnahe Einblicke.

Die Herausforderung

Fachkräftemangel größter Bremsklotz für Wirtschaftswachstum

Der branchenübergreifende Arbeits- und Fachkräftemangel steht längst auch im Einzelhandel im Fokus. Trotz Rekordbeschäftigung mussten in der Branche im Jahr 2023 erneut knapp 120.000 zusätzliche offene Stellen unbesetzt bleiben. Zudem wird die demografische Entwicklung die Problematik um unbesetzte Ausbildungsstellen zukünftig weiter verschärfen, so verzeichnete die BA wie in den Vorjahren insgesamt deutlich mehr betriebliche Ausbildungsstellen als Bewerber, von denen viele unversorgt geblieben sind.

Zeit zum Handeln

Politik muss Herausforderungen stärker in den Fokus nehmen

Die Konkurrenz um die besten Köpfe wird mit Blick auf die absehbare demografische Entwicklung künftig nur noch härter werden. Um dem zu begegnen ist es künftig von zentraler Bedeutung, die Attraktivität der dualen Berufsausbildung zu stärken, digitale Beratungsangebote auszubauen, Berufsorientierung an allen allgemeinbildenden Schulen verlässlich durchzuführen und dabei die Chancen und Möglichkeiten mit einer Ausbildung im Handel besser zu kommunizieren.

Der HDE stellt Lehrkräften unterstützend für die Berufsorientierung kostenloses Unterrichtmaterial auf www. karriere-handel.de zur Verfügung, informiert Berufsberater der BA und Jobcenter über das vielfältige und große Ausbildungsangebot der Branche. Schulen attraktiver zu machen, sind Bund und Länder gemeinsam gefordert, eine Investitions- und Innovationsoffensive zu starten, u. a. für die Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte und moderne technische Ausstattung.

Wir setzen uns als große Teilzeitbranche mit überwiegend weiblicher Beschäftigung auch für eine konsequente Optimierung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein (Kita, Ganztagsschulen, Pflege etc.). Auch die weitere Automatisierung und Digitalisierung kann der Branche zunehmend helfen, den Personalengpass zu bewältigen. Ferner braucht es einen modernen Arbeitszeitrahmen mit einem Wechsel von einer täglichen zu einer wöchentlichen Arbeitszeit direkt im Arbeitszeitgesetz. Dies ist ein weiterer Baustein, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf insbesondere für Frauen zu verbessern.

Zudem müssen Arbeitgeber bei der Anstellung von schwerbehinderten Menschen stärker unterstützt werden. Weitere Anreize für eine Frühverrentung („Rente mit 63“) entziehen unnötig weitere Potentiale. Der HDE setzt sich zudem für eine Reform des Steuerrechts ein, um insbesondere die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu steigern. Die Kombination aus den Steuerklassen III und V muss endlich in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV überführt werden. Unternehmen sind bei der betrieblichen Weiterbildung der Belegschaften zu fördern. Denn sie wissen am besten, welche Qualifizierung es bei den Beschäftigten braucht, um den digitalen Wandel zu managen. Auch muss jetzt dringend die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt und dabei vor allem die Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit auch für filialisierte Unternehmen in teils ländlichen Regionen weiter verbessert werden.

Steven Haarke
Geschäftsführer Arbeit, Bildung, Sozial- und Tarifpolitik
E-Mail: haarke@hde.de