So sieht es aus
Bargeld wird gebraucht
Zwar ist seit Jahren ein Trend zur Kartenzahlung zu beobachten. Inzwischen werden nur noch 35,5 % des Umsatzes bar abgewickelt (EHI-Zahlen für 2023. Im Vergleich dazu waren es im Jahr 2015 noch 53,4 %). Bargeld bleibt jedoch auf Sicht nach wie vor ein bedeutendes Zahlungsmittel im Handel.
Vielfältige Bargeldlogistik: Das Bargeldhandling ist sowohl bei großen Filialisten als auch im Mittelstand ein wichtiger Geschäftsprozess und mit entsprechenden Aufwänden verbunden. Die Ver- und Entsorgung bei kleineren Betrieben wird hauptsächlich über regionale Bankfilialen sichergestellt (Einzahlungsmöglichkeit und Angebot von Münzrollen). Filialisierte Unternehmen stützen sich i.d.R. auf Wertdienstleiser, die sie mit Wechselgeld versorgen und Bareinnahmen zur Einzahlung bringen.
Ein Verzicht auf die Akzeptanz von Bargeld ist nach heutigem Stand nicht möglich und auch nicht gewollt. Verbraucher wollen nach wie vor mit Bargeld bezahlen. Zudem gelten Noten und Münzen als Korrektiv zur steigenden Marktdominaz unbarer Zahlungsarten.
Jedoch ist ein starker Anstieg der Handlingskosten für Bargeld zu beobachten. Banken bauen ihre Dienstleistungen ab, Wertdienstleister konsolidieren sich und erhöhen Preise. Sinkende Nachfrage und steigende Kosten können dazu führen, dass das Bargeldsystem kippt, erste Unternehmen könnten auf die Akzeptanz verzichten.
Die Herausforderung
Sicherung einer effizienten Bargeldlogistik
Das politische Umfeld ist Bargeld gegenüber eher negativ geprägt: verschärfte Geldwäscheregelungen, Bargeldobergrenzen, Abschaffung des 500-Euro-Schein, Münzprüfverordnung bringen Bargeld ein Negativimage. Das wirtschaftliche Umfeld bringt zunehmende Herausforderungen. Bankfilialschließungen, steigende Bearbeitungskosten, Konzentration auf unbare Zahlarten legen nahe, dass Banken sich von Bargeld verabschieden wollen. Konsolidierungen bei Wertdienstleistern führen zu Wettbewerbseinschränkungen.
Zeit zum Handeln
Bargeld zukunftsfähig machen
Der Handel braucht Planungssicherheit über die weitere Entwicklung des Bargelds. Daher sollte eine intensive gesellschaftliche Diskussion darüber geführt werden, wieviel Bargeld in Zukunft nötig ist und wer die Lasten hierfür trägt. Ein nachfrageorientiertes Bargeldangebot muss das Ziel sein. Eine Bargeldakzeptanz ohne wenn und aber an jedem Ort führt an der Realität vorbei.
Technologische Weiterentwicklungen und Automatisierung im Bargeldbereich sollten gefördert werden. Tresorlösungen und gemeinschaftliche Nutzung von Angeboten für den Mittelstand sollten geprüft und politisch unterstützt werden. Dazu sollten entsprechende Rahmenbedingungen zur Förderung der Effizienz im Bargeldhandling gesetzt werden.
Es gilt allerdings zu beachten, dass der Handel nur beschränkt bankenähnliche Dienstleistungen wie die Bargeldauszahlung am POS übernehmen kann. Die Kreditwirtschaft selbst darf daher nicht aus Ihrer Verantwortung als Teil des Bargeldkreislaufes entlassen werden.
Die Bundesbank sollte Optionen zur Effizienzsteigerung prüfen. Dabei kann auch eine Entscheidung getroffen werden, wieder mehr Aufgaben selbst zu übernehmen (z.B. Angebot loser Münzen).
Eine Verpflichtung zur unbedingten Akzeptanz von Bargeld im Handel ist nicht zielführend und kann zu hohen Kosten ohne entsprechenden Nutzen führen. Eine differenzierte Betrachtung ist notwendig: Wo muss Bargeld weiterhin als Korrektiv oder Kriseninstrument agieren, wo wird es möglicherweise verzichtbar? Entsprechende Ausnahmen von einer erwarteten europäischen Regulierung zur Akzeptanzpflicht müssen definiert werden.
Ulrich Binnebößel
Abteilungsleiter Zahlungsverkehr
E-Mail: binneboessel@hde.de