So sieht es aus
Hemmnisse auf dem Weg zum Photovoltaik-Ausbau
Damit die Energiewende zügig gelingt, muss auch der Ausbau von PV-Anlagen beschleunigt werden. Dem Einzelhandel kommt hierbei eine bedeutende Rolle zu, die er auch aktiv wahrnimmt. Insbesondere findet der Ausbau durch PV-Dachanlagen auf Verkaufsstandorten sowie den Logistik- und Verteilzentren statt. Bislang wurden mehr als 5 Millionen m² PV-Fläche auf den Dächern des Einzelhandels installiert. Die aktuellen Rahmenbedingungen sind jedoch nicht förderlich und bedürfen substanzieller Verbesserungen. Der Ausbau von Photovoltaik ist für Handelsunternehmen mit einem hohen Bürokratieaufwand verbunden. Einige Regelungen sind überflüssig und zu vereinheitlichen, an anderen Stellen bedarf es einer Klarstellung in der Gesetzgebung. So existieren aktuell in den Bundesländern unterschiedliche Ansätze zum verpflichtenden Ausbau und dazugehörigen Anlagenvorgaben.
Auch ca. 860 Verteilnetzbetreiber haben viel zu unterschiedliche technische Anschlussbedingungen (TABs) sowie Anforderungen an Dokumentation. Außerdem gelten PV-Anlagen an unterschiedlichen Standorten aktuell grundsätzlich als eine Anlage zur Stromerzeugung, sofern sie zum Zweck der Stromerzeugung zentral gesteuert werden (bei Direktvermarktung immer gegeben) und der erzeugte Strom teilweise in das Versorgungsnetz eingespeist werden soll. Durch diese „Verklammerung von Anlagen“ verlieren die Betreiber der Anlagen ihre Stromsteuerbefreiung für die eigenverbrauchten und an Dritte im räumlichen Zusammenhang geleisteten Strommengen, sobald die aufsummierte elektrische Nennleistung der Anlagen eines Betreibers 2 MW überschreitet. So können Dachflächen in Handel und Gewerbe nicht voll belegt werden.
Die Herausforderung
Regulatorische Hürden fressen Ressourcen beim PV-Ausbau
Der regulatorische Flickenteppich aus unterschiedlichen Ansätzen zum verpflichtenden PV-Ausbau und dazugehörigen Anlagenvorgaben in den Bundesländern führt zu Verzögerungen und verteuert den Prozess unnötig. Das Gleiche gilt für Netzanschlussverfahren: Die technischen Anschlussbedingungen (TABs) und Anforderungen an Anträge und Verfahren der ca. 860 Verteilnetzbetreiber sind viel zu unterschiedlich und binden unnötig Ressourcen in den Unternehmen. Die Direktvermarktung bereitet aktuell zu viel Bürokratieaufwand und die Grenze für die unentgeltliche Abnahme ist aktuell zu niedrig angesetzt.
Zeit zum Handeln
PV-Ausbau entbürokratisieren, vereinheitlichen und vereinfachen
Die Einführung eines Kataloggeschäfts und der bundeseinheitlichen Regelungen, Verfahren und Planungsvorgaben, nach welchen die PV-Anlagen gebaut werden, würde einen standardisierten Aufbau der Anlagen ermöglichen. Gerade für große Handelsunternehmen, die Standorte in mehreren Bundesländern haben, wäre dies eine entscheidende Vereinfachung und somit ein Beschleunigungsfaktor für den Ausbau. Dabei darf es nicht zu Vorgaben für Mindestmodulflächen kommen: Handelsunternehmen sollen weiterhin Eigenbedarfanlagen bauen dürfen, ohne eine implizite Einspeisepflicht, die mit einer Mindestmodulfläche gelten würde. PV-Carports, die in manchen Bundesländern verpflichtend sind, sollten bundesweit eine freiwillige Maßnahme sein.
Netzanschlussverfahren sind ebenfalls bürokratiearm zu gestalten und netzbetreiberübergreifend zu vereinheitlichen: Technische Anschlussbedingungen (TABs) sowie Formulare und Verfahren sollten einheitlich gestaltet werden. Um Investitionen in den PV-Ausbau und ihre Wirtschaftlichkeit gut planen zu können, brauchen Handelsunternehmen dringend verpflichtende Rückmeldefristen für Verteilnetzbetreiber (z.B. acht Wochen). Fehlende Rückmeldungen seitens der Verteilnetzbetreiber sollten sanktioniert werden bzw. als Zustimmung bewertet werden dürfen.
Dem angestrebten Systemwechsel beim EE-Förderregime sollte man einerseits mit Entbürokratisierung und Vereinfachung der Direktvermarktung, andererseits mit der Anhebung der unentgeltlichen Abnahme auf mind. 600 kWp begegnen. Es ist bei der Neuordnung der EEG-Vergütung und der Direktvermarktung jedoch wichtig darauf zu achten, dass die Kosten für kleine Anlagen nicht aus dem Ruder laufen. Die Grenze für verpflichtende Zertifizierungen wurde zwar bereits auf 270 kW Einspeiseleistung / 500 kW installierte Leistung angehoben, sollte jedoch auf 1 MW angehoben werden. Dies würde die Netzbetreiber hinsichtlich des Zertifizierungsstaus entlasten und Anlagenbetreibern einen schnelleren Ausbau ermöglichen. Schließlich sollten dringend Lücken in der bisherigen Gesetzgebung geschlossen und die stromsteuerrechtlichen Nachteile der Anlagenverklammerung behoben werden. Denn dieses Hemmnis führt dazu, dass Dachpotenziale nicht vollständig erschlossen werden können.
Kundyz Alibekova
Energie- und Klimapolitik
E-Mail: alibekova@hde.de