So sieht es aus

Deutschland ist ein Hochsteuerland für Unternehmen und Bürger

Die Steuerlast für Unternehmen und Bürger ist in Deutschland zu hoch. Die Steuersatz auf einbehaltene Gewinne von Kapitalgesellschaften lag 2023 mit rund 30 Prozent an der Spitze der Industrieländer. Bei ausgeschütteten Gewinnen waren es sogar mehr als 48 Prozent. Gutverdienende Personenunternehmen mussten in der Spitze ebenfalls zwischen 47 und 48 Prozent Steuern zahlen. Werden Gewinne einbehalten, besteht die Möglichkeit, eine niedrigere Besteuerung in Anspruch zu nehmen; bei nachträglicher Ausschüttung beträgt die Belastung insgesamt aber sogar über 48 Prozent.

Ein lediger Durchschnittsverdiener musste in Deutschland 2023 vom Gehalt 37,4 Prozent Steuern und Sozialbeiträgen leisten. Ein Ehepaar, bei dem beide verdienen, musste ohne Berücksichtigung von familienbezogenen Transfers 35,1 Prozent Steuern und Sozialbeiträge abtreten. Dies erzeugt einen hohen Grad an Umverteilung: In Deutschland zahlen die oberen 5 Prozent der Steuerpflichtigen 43,9 Prozent der Lohn- und Einkommensteuer – ohne Berücksichtigung des zusätzlich zu zahlenden Solidaritätszuschlags. Die unteren
50 Prozent tragen insgesamt nur 5,8 Prozent zum Lohn- und Einkommensteueraufkommen bei.

Diese Belastungen sind zu hoch. Unternehmen und Bürger brauchen das Potenzial, investieren und konsumieren zu können.

Die Herausforderung

Unternehmen müssen investieren können, Bürger konsumieren können

Damit Unternehmen investieren und Bürger konsumieren können, muss für beide gelten: Mehr Netto vom Brutto. Die letzte größere Unternehmensteuerreform fand in Deutschland 2008 statt. Seitdem herrscht Stillstand, der aufgebrochen werden muss. Die Konsumenten dürfen durch versteckte Steuererhöhungen nicht höher belastet werden.

Zeit zum Handeln

Steuern reformieren, kalte Progression abbauen

Ein erster wichtiger Schritt zur Entlastung von Unternehmen und Konsumenten ist die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Diese verfassungsrechtlich fragwürdige Steuer wird nur noch von wenigen gezahlt, vor allem Unternehmen und Unternehmern. Zur weiteren Entlastung von Kapitalgesellschaften sollte eine Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Körperschaftsteuer eingeführt werden, wie sie auch bei Personenunternehmen besteht. Viele Handelsunternehmen sind allerdings Personenunternehmen. Für diese Unternehmen muss insbesondere die Besteuerung einbehaltener Gewinne überarbeitet werden. Dies betrifft zum einen die Thesaurierungsbegünstigung bei der Einkommensteuer. Zwar wurden durch das Wachstumschancengesetz Verbesserungen erzielt. Dennoch ist die Gesamtbelastung von Gewinnen, die einbehalten und zunächst niedriger versteuert werden und dann nachträglich doch entnommen werden, weiterhin höher, als wenn gleich der normale Einkommensteuersatz angewendet worden wäre. Um dies zu ändern sollte der Thesaurierungssatz gesenkt werden. Außerdem haben die Personenunternehmen die Möglichkeit, zur Körperschaftsteuer zu optieren. Dies ist grundsätzlich begrüßenswert. Die Option ist aber zu praxisfremd ausgestaltet. Besonders hinderlich ist, dass bei Ausübung der Option einbehaltene Gewinne, für die zuvor die Theaurierungsbegünstigung der Einkommensteuer gewählt wurde, vollständig der Entnahmeversteuerung unterworfen werden und es so zu einer sehr hohen Gesamtbelastung kommt. Damit die Option zur Körperschaftsteuer besser genutzt werden kann, muss dies geändert werden.

Bei der Gewerbesteuer muss die Hinzurechnung gezahlter Zinsen, Mieten, Pachten und Leasingraten überarbeitet werden. Gerade innerstädtische Einzelhändler sind von der Hinzurechnung der Mietzahlungen für ihre Geschäftsräume sehr negativ betroffen, denn hier sind die Mieten am höchsten. Diese Vorschrift kann sogar zu Steuerzahlungen in Verlustjahren führen und sollte abgeschafft werden.

Der progressive Einkommensteuertarif sorgt zusammen mit der Inflation für schleichende Steuererhöhungen. Diese kalte Progression muss regelmäßig ausgeglichen werden. Ansonsten wird den Verbrauchern kontinuierlich Kaufkraft entzogen. Dies wäre fatal für den Einzelhandel. Deshalb müssen die Eckpunkte des Einkommensteuertarifs regelmäßig verschoben werden. Dies sollte auch eine der ersten Maßnahmen der neuen Bundesregierung sein.

Ralph Brügelmann
Abteilungsleiter Steuern und Finanzen
E-Mail: bruegelmann@hde.de