Neustart

Welche konkreten Maßnahmen werden Sie umsetzen, um den von der Coronakrise gebeutelten Handel zu unterstützen, seine Geschäftsmodelle neu und nachhaltiger aufzustellen?

Ziel von CDU und CSU ist es, durch eine wirtschafts- und insbesondere innovationsfreundliche Politik, Anreize zu geben, um schnellstmöglich und nachhaltig eine neue Dynamik zu schaffen. Neue wirtschaftliche Dynamik braucht dabei vor allem Entlastung durch schnellere Verfahren und Entbürokratisierung. Für einen belebten Wettbewerb, einen starken Markt, einen entfesselten Unternehmergeist und Innovationen muss die Wirtschaft von unnötiger Bürokratie befreit werden. So schaffen wir es, Unternehmern den Freiraum zu geben, agil und innovativ aktuelle Herausforderungen nachhaltig zu meistern.
Gerade in der Corona-Pandemie erleben wir einen enormen Digitalisierungsschub, welchen wir für den Handel positiv nutzen wollen, indem wir die beteiligten Akteure lokal und regional besser vernetzen, beispielsweise durch Plattformlösungen, um den „Multi-Channel- Handel“ breiter zu etablieren. Das schließt nicht nur die Förderung von Kooperationen mit Kommunen ein, sondern die Schaffung lebendiger Innenstädte, wozu es mehr finanzieller Mittel, Flexibilität und entsprechender Schwerpunkte in der Städtebauförderung bedarf. Digitale Kompetenzen müssen ebenso gefördert werden.

Nachhaltigkeit

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die EEG-Umlage kein wirkungsvolles Instrument zur CO2-Vermeidung ist. Wie stehen Sie zu der Forderung, die EEG-Umlage abzuschaffen und durch ein marktwirtschaftliches Modell ersetzen, das auf einem europäischen und nationalen CO2-Preis basiert?

Auf dem Weg zur Klimaneutralität setzen CDU und CSU auf effiziente marktwirtschaftliche
Instrumente als Leitinstrumente innerhalb eines Instrumentenmixes. Wir setzen auf das Instrument des Emissionshandels und kompensieren entstehende Mehrbelastungen mit gezielten Entlastungen in den Bereichen Wohnen und Mobilität. Aufbauend auf dem europäischen Emissionshandel für Energie und Industrie wollen wir den europäischen Emissionshandel im Luftverkehr stärken und in weiteren Sektoren wie Mobilität und Wärme sowie dem Schiffverkehr so schnell wie möglich etablieren. Davon ausgehend streben wir einen umfassenden europäischen Emissionshandel mit einheitlichem Preis und globaler Anschlussfähigkeit an.
Wir wollen den Aufwuchspfad der CO2-Bepreisung straffen und so schnell wie möglich zu einem Europäischen Emissionshandel für Mobilität und Wärme übergehen. Die Einnahmen aus dem Emissionshandel werden wir in vollem Umfang an die Bürgerinnen und Bürger und an die Betriebe durch Stromverbilligung zurückgeben. Als erstes schaffen wir die EEG-Umlage
ab.

Bald kommt ein europäisches Sorgfaltspflichtengesetz. Werden Sie sich für eine „sunset clause“ einsetzen, um einzelstaatliche Regelungen zugunsten einer europäisch harmonisierten Regelung abzuschaffen und damit gleiche Wettbewerbsbedingungen für deutsche Handelsunternehmen sicherzustellen?

Beim Sorgfaltspflichtengesetz geht es um die unternehmerische Verantwortung im Sinne der Sozialen Marktwirtschaft für den gesamten Wertschöpfungsprozess. Wir setzen uns als CDU und CSU aber auch weiterhin dafür ein, dass dadurch keine Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen entstehen, dass der Bürokratieaufwand so gering wie möglich gehalten und dass es zu einer europäischen Regelung kommen wird.

Innenstädte

Infolge der Digitalisierung sind unsere Innenstädte grundlegenden Veränderungen unterworfen. Damit sie auch künftig lebenswert sind, muss das Nebeneinander unterschiedlicher Stadtakteure wieder möglich sein. Wie werden Sie die funktionale Durchmischung der Innenstädte stärken?

CDU und CSU wollen unsere Innenstädte, Stadtteilzentren und Ortskerne erhalten. Sie müssen nach der Corona-Krise neugestaltet und in ihrer Funktion als Orte der Begegnung und Vielfalt gestärkt werden. Lebendige Fußgängerzonen, Marktplätze und der Einzelhandel vor Ort machen unsere Städte lebenswert. Deshalb werden wir einen Zukunftspakt für Innenstädte schmieden. Als wichtigen Teil des Pakts werden wir zusätzlich zu den bestehenden Städtebauprogrammen ein Förderprogramm „Attraktive Innenstadt“ auflegen, von dem auch kleinere Städte und Gemeinden profitieren. Damit wollen wir deutlich mehr Mittel bereitstellen, beispielsweise für die Modernisierung von Fußgängerzonen oder den Umbau von Passagen und Ladengeschäften. Auch Dorf- und Innenstadtmanager mit einschlägigem Know-How sollen so gefördert werden können. Wir werden Smart-City-Konzepte entwickeln und ein eigenständiges Programm für mehr Grünflächen und natürliche Vielfalt in der Stadt auflegen.

Digitalisierung

Viele kleine und mittelständische Handelsunternehmen sind in Folge des Lockdowns finanziell ausgezehrt und können notwendige Investitionen, etwa in die Digitalisierung, nicht aus eigener Kraft stemmen. Wie werden Sie den Handel dabei unterstützen, den Strukturwandel zu bewältigen?

Der Einzelhandel in Deutschland befindet sich inmitten eines Strukturwandels. Während der Handel nur langsam wächst, zeichnet sich der Online-Handel als klarer Gewinner dieser
Wachstumsdynamiken ab. Für die Bewältigung des Strukturwandels ist grundsätzlich die
Zusammenarbeit von Politik, Handel, Gastronomie, Immobilienbesitzern, Verbänden und Verbrauchern gleichermaßen notwendig, und zwar, um die infrastrukturellen Voraussetzungen zu schaffen sowie entsprechende Einzelhandelsimmobilien zu entwickeln, in denen dann moderne Handelskonzepte umgesetzt werden können.
Hierbei sind insbesondere die Politik und Immobilienbesitzer gefragt. Das heißt z. B., moderne Stadtkonzepte umzusetzen und den Handel gezielt bei der Digitalisierung zu unterstützen. Zum anderen gilt es, die spezifischen Herausforderungen aller Beteiligten zu identifizieren und gezielte Maßnahmen aufzugreifen sowie diese stringent umzusetzen. Darüber hinaus verlangt es von jedem der Betroffenen, insbesondere aber seitens des Handels und der Gastronomie,
ein gewisses Maß an Eigeninitiative und Aktionismus, moderne Konzepte und Innovation
in die Stadt zu tragen.

Wettbewerb

Deutschland verfügt bereits über ein im europäischen Vergleich hohes Verbraucherschutzniveau, das für einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Konsumenten und der Wirtschaft sorgt. Halten Sie vor diesem Hintergrund weitere Regulierungen zum Schutz der Verbraucher für erforderlich?

Als CDU und CSU trauen wir Verbraucherinnen und Verbraucher zu, eigenverantwortlich zu
entscheiden. Aufklärung und Information stehen so für uns im Vordergrund. Gerade beim Lebensmitteleinkauf wünschen sich viele mehr Transparenz. Deshalb setzen wir uns für eine europäische Haltungs-/Tierwohlkennzeichnung, aussagekräftige Herkunftskennzeichnungen,
mehr Klarheit bei regionalen Lebensmitteln und ein Nachhaltigkeitssiegel für konventionelle Agrarprodukte ergänzend zum Öko-Siegel ein. Für mehr Sicherheit bei Onlinegeschäften wollen wir einen klaren Rechtrahmen für digitale Plattformen schaffen. Haftung, Sicherheit, Gewährleistung, Software-Updates, Nutzerbewertungen und Produktrankings sind hierfür wichtige Gesichtspunkte. Wir wollen eine sichere digitale europäische Identität zur Identifizierung bei Online-Geschäften und ein Identitätsdiebstahlsregister
einführen, bei dem Versandhändler die Bestelladressen abgleichen können. Einverständniserklärungen und Cookie-Einwilligungen sollen einfacher und klarer
erteilt werden können.

Beschäftigung

Die deutsche Sozialpartnerschaft ist ein Erfolgsmodell und hat sich auch in Krisenzeiten bewährt. Dennoch hat der Gesetzgeber zuletzt immer stärker in die Tarifautonomie eingegriffen. Wie werden Sie die Gestaltungsfreiheit für die Sozialpartner fördern und die Tarifautonomie stärken?

Die Sozialpartnerschaft, die Tarifautonomie und die Mitbestimmung haben wesentlich dazu
beigetragen, dass Deutschland eine weltweit führende Industrienation geworden ist. CDU
und CSU vertrauen auch in Zukunft auf die Sozialpartnerschaft. Wir wollen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf eine verlässliche Mitbestimmung setzen können und
möglichst viele Beschäftigte durch Betriebs- und Personalräte vertreten werden. Hier sind
zuallererst die Tarifpartner in der Pflicht. Ihre Aufgabe ist es, für gute Löhne und Arbeitsbedingungen zu sorgen und tragfähige Lösungen für den Wandel der Arbeitswelt zu finden. Wir werden den Tarifpartnern möglichst großen Spielraum in der Gestaltung von Arbeitsregelungen lassen, weil Regelungen auf tariflicher, betrieblicher und vertraglicher Ebene den differenzierten Bedürfnissen eher gerecht werden. Wir werden die Tarifpartner dabei flankierend unterstützen und dort, wo es nötig ist, auch gesetzgeberisch eingreifen.