So sieht es aus

Die Corona-Pandemie belastet den Staatshaushalt

Die Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Covid-19 Pandemie hat die öffentlichen Haushalte ins Defizit gestürzt: Allein der Finanzplan des Bundes sieht für die Jahre 2020 bis 2022 eine Nettokreditaufnahme von 470 Milliarden Euro vor. Auch der Schuldenstand wird wieder deutlich über 2 Billionen Euro ansteigen. Einigkeit besteht darüber, dass sowohl die Defizite als auch die Verschuldung wieder abgebaut werden sollen. Strittig ist aber, was der beste Weg dafür ist: Wirtschaftswachstum oder Steuererhöhungen. Beides zugleich wird sich kaum verwirklichen lassen. Denn höhere Steuern wirken sich dämpfend auf das Wirtschaftswachstum aus. Es bedarf deshalb einer klaren Strategie, wie die öffentlichen Haushalte wieder ins Gleichgewicht kommen.

Die Herausforderung

Gesunde Staatsfinanzen und Wirtschaftswachstum

Der Einzelhandel braucht Konsumenten mit Kaufkraft und Unternehmen, die investieren können und Arbeitsplätze schaffen. Steuererhöhungen sind schädlich für beides. Dabei ist es unerheblich, ob die Steuern auf den Verbrauch – vor allem die Mehrwertsteuer – oder das Einkommen – vor allem Einkommen- und Körperschaftsteuer – erhöht werden. Eine höhere Mehrwertsteuer senkt die private Nachfrage durch Preiserhöhungen unmittelbar, ebenso eine höhere Einkommensteuer auf Löhne und Gehälter. Höhere Steuern für Unternehmen senken deren Gewinne und die Möglichkeit zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen. Die Folge ist letztendlich wiederum eine niedrigere Konsumnachfrage.

Zeit zum Handeln

Wachstumspolitik ist die beste Konsolidierungspolitik

Wir alle zahlen automatisch mehr Steuern, wenn wir mehr verdienen oder die Geschäfte besser laufen – bei der progressiven Einkommensteuer sogar überproportional mehr. Langfristig steigen die Steuereinnahmen mit dem Wirtschaftswachstum, d.h. genauso schnell wie das Bruttoinlandsprodukt. Das bedeutet ein Plus von 35 bis 40 Milliarden Euro bei einem Prozent Wirtschaftswachstum. Laut dem Stabilitätsprogramm der Bundesregierung wird die Abgabenquote auch ohne Steuererhöhungen bis 2025 auf 42 3/4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Dies sind rund 2 Prozentpunkte mehr als 2021. Mit den daraus resultierenden Mehreinnahmen lässt sich das staatliche Defizit bis 2025 vollständig abbauen. Auch die Staatsverschuldung lässt sich bis dahin mit 69 1/4 Prozent wieder auf das Niveau von 2020 zurückführen. Dies sind zwar rund 10 Prozentpunkte mehr als vor Ausbruch der Pandemie, allerdings war die Quote bis 2010 durch die Finanzkrise auf 82,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestiegen. Ab dem Jahr 2013 konnte sie dann – auch ohne die damals oft geforderten Steuererhöhungen – kontinuierlich reduziert werden. Dieses Beispiel zeigt, dass staatliche Eingriffe nicht immer die beste Lösung sind.

Entgegen vieler Meinungen ist das aktuelle Steuersystem auch gerecht. Allein das obere Prozent der Einkommensbezieher zahlt 2021 gut 22 Prozent der Einkommensteuer, die oberen 10 Prozent sogar über 55 Prozent. Die unteren 50 Prozent der Einkommensbezieher zahlen dagegen nur 6 Prozent der Steuer. D.h. starke Schultern tragen auch heute schon deutlich mehr als schwache. Auch die Steuerzahlungen der gewerblichen Unternehmen haben zwischen den Krisen, d.h. von 2010 bis 2019, durchschnittlich um 6 Prozent pro Jahr zugenommen. Dies ist nahezu eine doppelt so hohe Zuwachsrate wie die des nominalen Bruttoinlandsprodukts von durchschnittlich 3,3 Prozent im gleichen Zeitraum.

Der HDE fordert die Politik deshalb auf, die nach der Finanzkrise erfolgreiche Konsolidierungsstrategie zu wiederholen und auf Steuererhöhungen zu verzichten. Alle Haushalte und Unternehmen profitieren von den staatlichen Krisenbekämpfungsmaßnahmen – die einen als Zahlungsempfänger direkt, die anderen indirekt, weil die Rezession abgeschwächt wird, die Geschäfte besser laufen und Arbeitslosigkeit vermieden wird. Deshalb sollten auch alle in dem Maße, in dem sie nach der Krise Einkommen erzielen, Gewinne machen oder Waren und Dienstleistungen nachfragen, zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte beitragen. Sonderlasten wären nicht hilfreich. Sie behindern zum einen die wirtschaftliche Entwicklung und treffen zum anderen oftmals gar nicht die gemeinte Zielgruppe. So kann z.B. eine Digitalsteuer vom Marktplatzbetreiber durch Preiserhöhungen leicht auf Einzelhändler, die sich über den Marktplatz eine digitale Präsenz aufbauen wollen, überwälzt werden.

Ralph Brügelmann
Abteilungsleiter Steuern und Finanzen
E-Mail: bruegelmann@hde.de