Europa - CSRD
So sieht es aus
Nachhaltigkeitsbericht: Fehlende Planungs- und Rechtssicherheit
Die Unternehmen des deutschen Einzelhandels haben erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Sorgfalts- und Berichtspflichten in ihren Lieferketten zu erfüllen. Die Übernahme sozialer und umweltbezogener Verantwortung in globalen Lieferketten ist und bleibt – unabhängig von der rechtlichen Regulierung – eine Selbstverständlichkeit für deutsche Handelsunternehmen.
Ziel der europäischen Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) ist es, die Rechenschaftspflicht europäischer Unternehmen über Nachhaltigkeitsaspekte zu erhöhen und auf EU-Ebene einzuführen. Ab dem 1. Januar 2025 gilt die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in der Europäischen Union – doch das deutsche Umsetzungsgesetz ist nicht fristgerecht in Kraft getreten. Viele Unternehmen, die sich auf die Richtlinie vorbereiten und bald in den Anwendungsbereich fallen, sind mit einer enormen Rechts- und Planungsunsicherheit konfrontiert. Zudem wurden die geforderten Berichtsstandard durch die EU vergleichsweise spät vorgelegt, weitere sektorspezifische Standards sind noch nicht veröffentlicht und werden abermals für mehr Komplexität sorgen.
Unternehmen müssen ihre Prozesse auf der Basis von Annahmen aufsetzen und diese unter dem Einsatz großer finanzieller und personeller Ressourcen aufwendig anpassen. Genossenschaften und Verbundgruppen droht bei einer 1:1-Umsetzung die zwingende Erstellung von zahlreichen, identischen Nachhaltigkeitsberichten für jede Tochtergesellschaft.
Die Herausforderung
Sinnvolle Daten erheben und mit Augenmaß berichten
Mit seinen 1.178 Datenpunkten und den zugrunde liegenden European Sustainability Reporting Standards (ESRS-Standards) stellt der CSRD-Bericht einen enormen Aufwand für Handelsunternehmen sowie Lieferanten dar. Die Implementierung ist für viele Unternehmen nicht nur komplex, sondern auch finanziell belastend. Handelsunternehmen müssen wertvolle Ressourcen für die Erfüllung von Berichtspflichten einsetzen und diese vom Kerngeschäft der Nachhaltigkeitsabteilungen abziehen.
Zeit zum Handeln
Praxisnahe Implementierung und Ausgestaltung der Maßnahmen
Der Handel unterstützt die Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft und befürwortet, dass die Qualität und Vergleichbarkeit von Nachhaltigkeitsinformationen verbessert werden soll. Viele Handelsunternehmen haben bereits eine jahrzehntelange Erfahrung in der Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten nach international anerkannten Standards. Wir begrüßen, dass eine Ersetzungsbefugnis die Vermeidung doppelter Berichtspflichten regeln soll.
Die CSRD stellt Unternehmen in der Praxis jedoch vor enorme und teilweise unnötige Anforderungen hinsichtlich der Datenerhebung und der dafür erforderlichen Prozesse. Es gibt viele offene Fragen aufgrund der fehlenden Harmonisierung von Gesetzen im Nachhaltigkeitsbereich – wie zum Beispiel dem europäischen Lieferkettengesetz (CSDDD) und dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Um ein nachhaltigeres Geschäftsumfeld zu fördern, ist es unerlässlich, einen praktischeren Ansatz zu implementieren, der den Umsetzungsaufwand verringert und gleichzeitig wirksame Nachhaltigkeitsprozesse
unterstützt.
Mit Blick auf die nationale Umsetzung der CSRD sollten auch Genossenschaften und Verbundgruppen Beachtung finden. Wird die EU-Richtlinie 1:1 umgesetzt, droht diesen die zwingende Erstellung zahlloser, identischer Nachhaltigkeitsberichte ohne jeden Mehrwert. Ein freiwillig eingereichter Bericht auf Konzernebene ist ausreichend, um alle relevanten Nachhaltigkeitsaktivitäten abzubilden. Alternativ sollte die Pflicht zur Erstellung des Nachhaltigkeitsberichts über einen Verweis auf einen zentralen Nachhaltigkeitsbericht der Verbundgruppe ermöglicht werden.
Weiterhin bedarf es einer Klarstellung, dass die „Offenlegungslösung“ in Deutschland ebenfalls europarechtskonform umgesetzt werden kann. Die vorgesehene Regelung, den (Konzern-)Lagebericht im elektronische Berichtsformat (ESEF) für die digitale Nachhaltigkeitsberichterstattung aufzustellen, sollte nur für die Offenlegung von Lageberichten, nicht jedoch bereits für deren Aufstellung verpflichtend sein. Diese Regelung beinhaltet einen hohen Zusatzaufwand für viele Unternehmen, ohne nennenswerten Nutzen für die Adressaten und bedarf einer zügigen Berichtigung.
Neben Wirtschaftsprüfern sollten weitere technischen Experten für die Prüfungen der CSRD-Berichte zugelassen werden, um Kapazitätsengpässe bei der externen Prüfung zu vermeiden und Kosten zu senken.
Jelena Nikolić
Leiterin CSR-/Nachhaltigkeitspolitik
E-Mail: nikolic@hde.de
Innovativ Handeln - EPR
So sieht es aus
Handel wird vermehrt in die Pflicht genommen
Sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene gibt es Bestrebungen, die Erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) auf immer mehr Bereiche auszuweiten. Die Handelsunternehmen sind aufgrund ihrer Produktvielfalt in hohem Maße von dieser Entwicklung betroffen. Da wo es sinnvoll ist, sind Systeme der Erweiterten Herstellerverantwortung im Sinne der Handelsunternehmen, da auch ihnen daran gelegen ist, Stoffkreisläufe zu schließen, Materialien wiederzuverwenden und nachhaltige Lösungen für die Verwertung zu entwickeln.
Bei allen Vorhaben gilt es allerdings zu prüfen, ob alle beteiligten Akteure hinreichend in die Erweiterte Herstellerverantwortung einbezogen werden. Vielfach sind Handelsunternehmen nicht originär Hersteller und übernehmen Pflichten, von denen die Herstellerunternehmen befreit sind. Dies ist vor allem bei der Rücknahme von Elektrokleingeräten der Fall. Der Handel und Verkauf von Produkten impliziert nicht zwangsläufig das Vorhandensein von Logistik und Strukturen für alle Belange der Erweiterten Herstellerverantwortung. Dazu plädiert der HDE für eine Verteilung der Belastungen zwischen allen beteiligten Akteuren. Aktuell wird der Fokus vielfach auf den Handel und nur in geringem Maße auf die eigentlichen Hersteller der Produkte gelegt. Dies ist unter anderem im Bereich der Elektrogeräte als auch bei der Diskussion um die Steigerung der Glassammelmengen zu beobachten. Hier besteht noch Spielraum, um die Herstellereinbeziehung gerechter zu gestalten.
Die Herausforderung
Kompetenzen ermöglichen Verantwortung
Die Mitgliedsunternehmen des HDE sind vielfältig und ihr Portfolio umfasst eine breite Produktpalette. Dementsprechend sind die Kompetenzen und Ausrichtungen unterschiedlich gelagert. Lebensmittelhändler verfügen über eine andere Struktur als Textilunternehmen oder Onlineplattformen. Regelungen für Erweiterte Herstellerverantwortung sollten diese Vielfalt berücksichtigen und keine Pauschallösungen für „den Handel“ vorsehen. Expertise und Kompetenzen sollten den Ausschlag geben, um Herstellerverantwortung fair und gerecht auf die beteiligten Akteure zu verteilen.
Zeit zum Handeln
Faire Beteiligung der Hersteller und Handelsunternehmen
Verpackungen, Textilien, Elektroaltgeräte und Altglas – von Seiten der Politik gibt es viele Felder, in denen der Handel mehr Verantwortung übernehmen sollte. In vielen Fällen kann die Expertise und das Know-how tatsächlich gewinnbringend eingebracht werden, um Kreisläufe zu schließen und Ressourcen optimal wiederzuverwenden. Schwierig wird es allerdings dann, wenn die Vielfalt des Handels zum Anlass genommen wird, um per se sämtliche Verantwortlichkeit auf die Handelsunternehmen zu übertragen. Gerade bei der Rücknahme und anschließenden Verwertung sollten die Hersteller und deren Expertise mitgedacht und einbezogen werden.
Es zeigt sich bereits jetzt, dass etwa bei der Rücknahme von Elektrogeräten sowohl die Akzeptanz der Verbraucher als auch die entsprechende Logistik bei den Handelsunternehmen an ihre Grenzen stoßen. Zu begründen ist das u.a. damit, dass die Handelsunternehmen hier nicht als originär zuständig angesehen werden. In der letzten Gesetzesnovelle des ElektroG wurden erneut Zuständigkeiten für den Handel festgeschrieben, während die Hersteller nur minimale Verantwortung übernehmen müssen. Hier besteht Nachbesserungspotenzial, um eine faire Aufteilung der Verantwortung und auch der Kosten zu gewährleisten. Um eine signifikante Verbesserung der Sammelquote zu erreichen sind diese Maßnahmen, zusammen mit einer kritischen Evaluierung der Quotenberechnung auf europäischer Ebene sinnvoll.
Überlegungen weitere Pflichten im Rahmen der Erweiterten Herstellerverantwortung auf die Handelsunternehmen zu übertragen, etwa im Bereich der Altglassammlung sind angesichts der bestehenden Pflichten in vielen anderen Bereichen abzulehnen. Kompetenzzuschreibungen aus rein praktischen Überlegungen ohne Berücksichtigung der Gegebenheiten sind abzulehnen. Der Handel steht für einen konstruktiven Dialog mit allen beteiligten Akteuren zur Verfügung, sofern eine faire Aufgaben- und Kostenbeteiligung gewährleistet wird.
Stefanie Stadie
Referentin Umwelt
E-Mail: stadie@hde.de
UF Wettbewerbsfreiheit
So sieht es aus
Zunehmende Regulierungsdichte führt zu unverhältnismäßigen Wettbewerbsbeschränkungen
Die geltende Rechtsordnung enthält verschiedene Regelungen, welche die Vertragsfreiheit in den B2B-Beziehungen einschränken. Dies führt im Ergebnis zu Wettbewerbsbeschränkungen. Das gilt insbesondere für die Regeln der Missbrauchsaufsicht im deutschen Kartellrecht und die Verbote des AgrarOLkG.
Bereits seit längeren enthält das GWB mit dem „Anzapfverbot“ eine Bestimmung, mit der sichergestellt werden soll, dass Unternehmen die Vertragsbedingungen miteinander frei vereinbaren und Vertragspartner nicht aufgrund einer etwaigen Abhängigkeit gezwungen werden, sachlich ungerechtfertigte Vorteile zu gewähren.
Das „Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis“ untersagt es dem Abnehmer grundsätzlich, Lebensmittel auch nur gelegentlich unter dem Einstandspreis an Verbraucher weiter zu veräußern. Diese Verbote sind in den letzten Jahren mehrfach verschärft worden und wurden in der letzten Legislaturperiode noch durch Erleichterungen zur Anordnung von Maßnahmen durch das Bundeskartellamt zur Beseitigung oder Verringerung von Wettbewerbsstörungen flankiert (§ 32 f Abs. 3 GWB-E).
Der neue § 32 f Abs. 3 GWB ermöglicht weitgehende und unverhältnismäßige Eingriffe in die unternehmerische Handlungsfreiheit ohne hinreichend konkretisierte Voraussetzungen sogar gegenüber rechtskonform agierenden Unternehmen ausschließlich aufgrund ihrer Marktposition. Damit wurde die Tür zu einer staatlichen Lenkung bzw. Steuerung von Marktprozessen geöffnet. Bereits die Existenz dieser gesetzlichen Ermächtigung des Bundeskartellamts ist geeignet, die Wettbewerbsintensität zu dämpfen, auch wenn von den Möglichkeiten zunächst kein Gebrauch gemacht werden sollte.
Die gleichzeitig als „ultima ratio“ eingeführte Entflechtungsmöglichkeit unabhängig von einem konkreten Wettbewerbsverstoß (§ 32 f Abs. 4 GWB-E) kann in Folge angeordneter Zwangsverkäufe zu Wettbewerbsverzerrungen führen und diskriminiert national tätige Unternehmen. Es ist zudem fraglich, ob die mit dem Zwangsverkauf verbundene Verletzung der verfassungsrechtlich geschützten Eigentumsrechte mit dem Schutz der Grundrechte Dritter gerechtfertigt werden kann. Da viel dafürspricht, dass eine solche Maßnahme wegen der damit verbundenen Wertverluste als unverhältnismäßig zu bewerten ist, begegnet sie ernsten verfassungsrechtlichen Bedenken.
Weitere und umfassende Regulierungen und Verbote sind mit den Bestimmungen des 2021 in Kraft getretenen AgrarOLkG verbunden. Die damit eingeführten und über die EU-Vorgaben der UTP-Richtlinie hinausgehenden Einschränkungen der Vertragsgestaltungsfreiheit durch zahlreiche Klauselverbote haben bereits nachweislich zu Effizienzverlusten in der Lieferkette geführt und sich gleichzeitig in der Praxis als ungeeignet erwiesen, das Ziel des Normgebers – die Verbesserung der Ertragslage der Erzeuger – zu erreichen. Obwohl mit der Novelle des Gesetzes im Jahr 2024 einige richtige, aber unzureichende Korrekturen vorgenommen wurden, hat sich die mit dem Gesetz verbundene Regulierungsintensität durch die Einführung eines neuen und unbestimmten Umgehungsverbots im Ergebnis nochmals erhöht.
Die nun in dem Gesetz enthaltenen konkreten und abstrakten Vertragsgestaltungsvorschriften sollen zwar „nur“ faires Verhalten in der Lieferkette gewährleisten, greifen aber an zentralen Stellen in die Vertragsautonomie ein und sind damit geeignet, den Wettbewerb zu beschränken und zu Marktstörungen zu führen.
Die Herausforderung
Vertragsfreiheit im B2B-Bereich fördert die Verbraucherwohlfahrt
Die Regulierung der Vertragsbeziehungen im B2B-Bereich ist problematisch, weil ihr der Gedanke zugrunde liegt, staatliche Eingriffe führten zu gerechteren und damit besseren Marktergebnissen als die autonom zwischen den Marktteilnehmern vereinbarten Verträge. Die Verbraucherwohlfahrt ist damit zum Teil aus dem Blickfeld geraten. Dies ist insbesondere dann problematisch, wenn mit den wettbewerbsbeschränkenden Eingriffen das Ziel verfolgt wird, Partikularinteressen zu fördern.
Die Verbote greifen in die Vertragsfreiheit von Lieferanten und Händlern ein, indem die Parteien bei der Gestaltung der Lieferverträge beschränkt werden. Kumuliert betrachtet nimmt der Gesetzgeber erheblichen Einfluss sowohl auf die Einkaufs- als auch auf die Verkaufspreisgestaltung der Händler. Die Gestaltung von Preisen und Konditionen ist aber ein wichtiger Parameter im jeweiligen Wettbewerb der Lieferanten und Handelsunternehmen. Durch die Regelung des Anzapfverbots und die neuen Bestimmungen des AgrarOLkG wird in die einvernehmliche sowie freie Konditionengestaltung und damit in die Vertragsfreiheit eingegriffen – selbst wenn die betroffenen Unternehmen nur über relative Marktmacht verfügen – und damit insbesondere auch der stark ausgeprägte Wettbewerb zwischen den Handelsunternehmen beschränkt. Dies kann langfristig zu höheren Preisen zulasten der Verbraucher führen. Die Verbote bewirken zudem die Verkrustung bestehender Vertriebsstrukturen auf Seiten der Hersteller und hemmen die Anreize zur Innovation bei der Konditionengestaltung.
Mit dem AgrarOLkG und dem Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis wurde die wettbewerbsökonomisch problematische Hoffnung verknüpft, dass sie zu einer (mittelbaren) Erhöhung der Verbraucherpreise für Lebensmittel führen und damit in der Folge die Ertragssituation der Landwirte verbessern, so dass gleichsam zwangsläufig auch die Lebensmittelqualität bzw. die Tierhaltungsbedingungen optimiert werden. Dieses Ziel kann schon von vornherein durch die Verbote deshalb nicht erreicht werden, weil die Lebensmitteleinzelhändler in aller Regel keine unmittelbaren Vertragsbeziehungen mit den Landwirten unterhalten und die Verbraucherabgabepreise im Handel daher mit wenigen Ausnahmen keine Auswirkungen auf die Ertragssituation der Erzeuger haben. Der in der politischen Diskussion immer wieder bemühte „Kaskadeneffekt“, dem die Hypothese zu Grunde liegt, die Industrie-Lieferanten des Handels würden verbesserte Margen gleichsam altruistisch mit den Vorstufen teilen, widerspricht der betriebswirtschaftlichen Logik und kann als widerlegt betrachtet werden.
Die Verbote sind aber mit der Gefahr höherer Verbraucherpreise verbunden – eine mögliche Folge, die vom Gesetzgeber sogar intendiert wird. Weiterhin können sie tendenziell die Konzentration bei den Lieferanten verstärken und die Angebotsvielfalt in den Ladengeschäften sowie die Innovation reduzieren. Diese Konsequenzen laufen in offensichtlicher Weise dem Verbraucherinteresse zuwider.
Zeit zum Handeln
Vertragsbeziehungen zwischen Unternehmen deregulieren!
Die Vertragsbeziehungen im B2B-Bereich sollten auf nationaler, aber auch auf EU-Ebene dereguliert werden. Das „Anzapfverbot“ und das „Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis“ sind vollständig zu streichen. Wenn es hierzu am politischen Willen fehlt, sollten die Verschärfungen des Tatbestands aus den letzten Jahren zurückgenommen werden. Zumindest muss auf weitere Regulierungen verzichtet werden.
Im AgrarOLkG sind Regulierungen, die über die EU-Vorgaben der UTP-Richtlinie hinausgehen, zurückzunehmen. Die nicht zuletzt wettbewerbsökonomisch begründeten Entscheidung des EU-Normgebers, Großunternehmen vom Anwendungsbereich auszunehmen und klar definierte Vertragsgestaltungsformen nur unter bestimmten Voraussetzungen zu verbieten, sollte auch auf nationaler Ebene respektiert werden. Auf EU-Ebene sollte die Bundesregierung im Rahmen der für 2025 geplanten Evaluierung Forderungen nach einer Verschärfung der UTPRichtlinie eine klare Absage erteilen. Insbesondere darf kein Verbot des Einkaufs unter Produktionskosten eingeführt werden, da dieses zu neuen Wettbewerbsbeschränkungen und unverhältnismäßiger Bürokratie führen würde, ohne aber die Ertragslage der Erzeuger zu verbessern. Erforderlich ist vielmehr eine Deregulierung der UTP-Richtlinie auf EU-Ebene und eine Harmonisierung der Vorschriften in den Mitgliedsstaaten auf entsprechend niedrigem Niveau.
Dr. Peter Schröder
Bereichsleiter Recht- und Verbraucherpolitik
E-Mail: E-Mail: schroeder@hde.de
Standort stärken - CSRD
So sieht es aus
Nachhaltigkeitsbericht: Fehlende Planungs- und Rechtssicherheit
Die Unternehmen des deutschen Einzelhandels haben erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Sorgfalts- und Berichtspflichten in ihren Lieferketten zu erfüllen. Die Übernahme sozialer und umweltbezogener Verantwortung in globalen Lieferketten ist und bleibt – unabhängig von der rechtlichen Regulierung – eine Selbstverständlichkeit für deutsche Handelsunternehmen.
Ziel der europäischen Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) ist es, die Rechenschaftspflicht europäischer Unternehmen über Nachhaltigkeitsaspekte zu erhöhen und auf EU-Ebene einzuführen. Ab dem 1. Januar 2025 gilt die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in der Europäischen Union – doch das deutsche Umsetzungsgesetz ist nicht fristgerecht in Kraft getreten. Viele Unternehmen, die sich auf die Richtlinie vorbereiten und bald in den Anwendungsbereich fallen, sind mit einer enormen Rechts- und Planungsunsicherheit konfrontiert. Zudem wurden die geforderten Berichtsstandard durch die EU vergleichsweise spät vorgelegt, weitere sektorspezifische Standards sind noch nicht veröffentlicht und werden abermals für mehr Komplexität sorgen.
Unternehmen müssen ihre Prozesse auf der Basis von Annahmen aufsetzen und diese unter dem Einsatz großer finanzieller und personeller Ressourcen aufwendig anpassen. Genossenschaften und Verbundgruppen droht bei einer 1:1-Umsetzung die zwingende Erstellung von zahlreichen, identischen Nachhaltigkeitsberichten für jede Tochtergesellschaft.
Die Herausforderung
Sinnvolle Daten erheben und mit Augenmaß berichten
Mit seinen 1.178 Datenpunkten und den zugrunde liegenden European Sustainability Reporting Standards (ESRS-Standards) stellt der CSRD-Bericht einen enormen Aufwand für Handelsunternehmen sowie Lieferanten dar. Die Implementierung ist für viele Unternehmen nicht nur komplex, sondern auch finanziell belastend. Handelsunternehmen müssen wertvolle Ressourcen für die Erfüllung von Berichtspflichten einsetzen und diese vom Kerngeschäft der Nachhaltigkeitsabteilungen abziehen.
Zeit zum Handeln
Praxisnahe Implementierung und Ausgestaltung der Maßnahmen
Der Handel unterstützt die Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft und befürwortet, dass die Qualität und Vergleichbarkeit von Nachhaltigkeitsinformationen verbessert werden soll. Viele Handelsunternehmen haben bereits eine jahrzehntelange Erfahrung in der Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten nach international anerkannten Standards. Wir begrüßen, dass eine Ersetzungsbefugnis die Vermeidung doppelter Berichtspflichten regeln soll.
Die CSRD stellt Unternehmen in der Praxis jedoch vor enorme und teilweise unnötige Anforderungen hinsichtlich der Datenerhebung und der dafür erforderlichen Prozesse. Es gibt viele offene Fragen aufgrund der fehlenden Harmonisierung von Gesetzen im Nachhaltigkeitsbereich – wie zum Beispiel dem europäischen Lieferkettengesetz (CSDDD) und dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Um ein nachhaltigeres Geschäftsumfeld zu fördern, ist es unerlässlich, einen praktischeren Ansatz zu implementieren, der den Umsetzungsaufwand verringert und gleichzeitig wirksame Nachhaltigkeitsprozesse
unterstützt.
Mit Blick auf die nationale Umsetzung der CSRD sollten auch Genossenschaften und Verbundgruppen Beachtung finden. Wird die EU-Richtlinie 1:1 umgesetzt, droht diesen die zwingende Erstellung zahlloser, identischer Nachhaltigkeitsberichte ohne jeden Mehrwert. Ein freiwillig eingereichter Bericht auf Konzernebene ist ausreichend, um alle relevanten Nachhaltigkeitsaktivitäten abzubilden. Alternativ sollte die Pflicht zur Erstellung des Nachhaltigkeitsberichts über einen Verweis auf einen zentralen Nachhaltigkeitsbericht der Verbundgruppe ermöglicht werden.
Weiterhin bedarf es einer Klarstellung, dass die „Offenlegungslösung“ in Deutschland ebenfalls europarechtskonform umgesetzt werden kann. Die vorgesehene Regelung, den (Konzern-)Lagebericht im elektronische Berichtsformat (ESEF) für die digitale Nachhaltigkeitsberichterstattung aufzustellen, sollte nur für die Offenlegung von Lageberichten, nicht jedoch bereits für deren Aufstellung verpflichtend sein. Diese Regelung beinhaltet einen hohen Zusatzaufwand für viele Unternehmen, ohne nennenswerten Nutzen für die Adressaten und bedarf einer zügigen Berichtigung.
Neben Wirtschaftsprüfern sollten weitere technischen Experten für die Prüfungen der CSRD-Berichte zugelassen werden, um Kapazitätsengpässe bei der externen Prüfung zu vermeiden und Kosten zu senken.
Jelena Nikolić
Leiterin CSR-/Nachhaltigkeitspolitik
E-Mail: E-mail: nikolic@hde.de
Europa - EPR
So sieht es aus
Handel wird vermehrt in die Pflicht genommen
Sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene gibt es Bestrebungen, die Erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) auf immer mehr Bereiche auszuweiten. Die Handelsunternehmen sind aufgrund ihrer Produktvielfalt in hohem Maße von dieser Entwicklung betroffen. Da wo es sinnvoll ist, sind Systeme der Erweiterten Herstellerverantwortung im Sinne der Handelsunternehmen, da auch ihnen daran gelegen ist, Stoffkreisläufe zu schließen, Materialien wiederzuverwenden und nachhaltige Lösungen für die Verwertung zu entwickeln.
Bei allen Vorhaben gilt es allerdings zu prüfen, ob alle beteiligten Akteure hinreichend in die Erweiterte Herstellerverantwortung einbezogen werden. Vielfach sind Handelsunternehmen nicht originär Hersteller und übernehmen Pflichten, von denen die Herstellerunternehmen befreit sind. Dies ist vor allem bei der Rücknahme von Elektrokleingeräten der Fall. Der Handel und Verkauf von Produkten impliziert nicht zwangsläufig das Vorhandensein von Logistik und Strukturen für alle Belange der Erweiterten Herstellerverantwortung. Dazu plädiert der HDE für eine Verteilung der Belastungen zwischen allen beteiligten Akteuren. Aktuell wird der Fokus vielfach auf den Handel und nur in geringem Maße auf die eigentlichen Hersteller der Produkte gelegt. Dies ist unter anderem im Bereich der Elektrogeräte als auch bei der Diskussion um die Steigerung der Glassammelmengen zu beobachten. Hier besteht noch Spielraum, um die Herstellereinbeziehung gerechter zu gestalten.
Die Herausforderung
Kompetenzen ermöglichen Verantwortung
Die Mitgliedsunternehmen des HDE sind vielfältig und ihr Portfolio umfasst eine breite Produktpalette. Dementsprechend sind die Kompetenzen und Ausrichtungen unterschiedlich gelagert. Lebensmittelhändler verfügen über eine andere Struktur als Textilunternehmen oder Onlineplattformen. Regelungen für Erweiterte Herstellerverantwortung sollten diese Vielfalt berücksichtigen und keine Pauschallösungen für „den Handel“ vorsehen. Expertise und Kompetenzen sollten den Ausschlag geben, um Herstellerverantwortung fair und gerecht auf die beteiligten Akteure zu verteilen.
Zeit zum Handeln
Faire Beteiligung der Hersteller und Handelsunternehmen
Verpackungen, Textilien, Elektroaltgeräte und Altglas – von Seiten der Politik gibt es viele Felder, in denen der Handel mehr Verantwortung übernehmen sollte. In vielen Fällen kann die Expertise und das Know-how tatsächlich gewinnbringend eingebracht werden, um Kreisläufe zu schließen und Ressourcen optimal wiederzuverwenden. Schwierig wird es allerdings dann, wenn die Vielfalt des Handels zum Anlass genommen wird, um per se sämtliche Verantwortlichkeit auf die Handelsunternehmen zu übertragen. Gerade bei der Rücknahme und anschließenden Verwertung sollten die Hersteller und deren Expertise mitgedacht und einbezogen werden.
Es zeigt sich bereits jetzt, dass etwa bei der Rücknahme von Elektrogeräten sowohl die Akzeptanz der Verbraucher als auch die entsprechende Logistik bei den Handelsunternehmen an ihre Grenzen stoßen. Zu begründen ist das u.a. damit, dass die Handelsunternehmen hier nicht als originär zuständig angesehen werden. In der letzten Gesetzesnovelle des ElektroG wurden erneut Zuständigkeiten für den Handel festgeschrieben, während die Hersteller nur minimale Verantwortung übernehmen müssen. Hier besteht Nachbesserungspotenzial, um eine faire Aufteilung der Verantwortung und auch der Kosten zu gewährleisten. Um eine signifikante Verbesserung der Sammelquote zu erreichen sind diese Maßnahmen, zusammen mit einer kritischen Evaluierung der Quotenberechnung auf europäischer Ebene sinnvoll.
Überlegungen weitere Pflichten im Rahmen der Erweiterten Herstellerverantwortung auf die Handelsunternehmen zu übertragen, etwa im Bereich der Altglassammlung sind angesichts der bestehenden Pflichten in vielen anderen Bereichen abzulehnen. Kompetenzzuschreibungen aus rein praktischen Überlegungen ohne Berücksichtigung der Gegebenheiten sind abzulehnen. Der Handel steht für einen konstruktiven Dialog mit allen beteiligten Akteuren zur Verfügung, sofern eine faire Aufgaben- und Kostenbeteiligung gewährleistet wird.
Stefanie Stadie
Referentin Umwelt
E-Mail: stadie@hde.de
Innovativ Handeln - Verpackungen
So sieht es aus
Viele neue Maßnahmen zur (sinnvollen) Verpackungsvermeidung
Mit der EU-Verpackungsverordnung (PPWR) wird Anfang 2025, aller Voraussicht nach, ein umfassendes Regelwerk für Verpackungen und Verpackungsabfälle in Kraft treten. Durch die neuen Vorgaben müssen viele nationale Maßnahmen angepasst und ambitionierter gestaltet werden. So gibt die EU-Verpackungsverordnung neue Regelungen im Bereich der Verpackungsgestaltung oder des Einsatzes von Reyzklat vor. Auch wird es neue Verbote bestimmter Verpackungsformate geben und neue Vorgaben zur Kennzeichnung, etwa im Bereich des Einwegpfandsystems. Viele Vorgaben aus der PPWR unterliegen einem ambitionierten Zeithorizont und müssen teilweise noch über delegierte Rechtsakte, Durchführungsrechtsakte oder Leitlinien genauer ausgestaltet werden. An einigen Stellen, z. B. bei den Vorgaben für nationale Quoten im Bereich des Verpackungsmüllaufkommens, sind die Mitgliedsstaaten zudem dazu angehalten, Maßnahmen einzuführen, die über die Regelungen der neuen Verordnung hinausgehen.
Neben den neuen Regeln aus der EU-Verpackungsverordnung gibt es auch auf nationaler Ebene noch Regelungsvorhaben, die dem Ziel der Verpackungsvermeidung unterstellt sind. Relevant sind hier vor allem die Novellierung des § 21 Verpackungsgesetz mit Vorgaben zum recyclinggerechten Design von Verpackungen und die Überlegungen zu einer weiteren Abgabe/Steuer auf Einwegplastik.
Die Herausforderung
Abgestimmte Gesetzgebung auf allen politischen Ebenen
Viele Maßnahmen aus der EU-Verpackungsverordnung müssen noch spezifiziert werden, bevor Unternehmen mit der rechtskonformen Umsetzung beginnen können. Zugleich ist an einigen Stellen jedoch schnelles Handeln geboten, da diverse Regelungen an Zielvorgaben gekoppelt sind, die von den beteiligten Wirtschaftsakteuren eine schnelle Umsetzung verlangen. In Verbindung mit den nationalen Vorhaben wie der Neugestaltung von § 21 VerpackG ist unbedingt darauf zu achten, dass die geplanten Maßnahmen sinnvoll und aufeinander abgestimmt ausgearbeitet und implementiert werden.
Zeit zum Handeln
Praxisnahe Implementierung und Ausgestaltung der Maßnahmen
Um Produkte noch nachhaltiger und umweltfreundlicher zu gestalten, ist der Einzelhandel bestrebt, nach harmonisierten und möglichst standardisierten Lösungen zu suchen, die aus wirtschaftlicher und funktioneller Sicht Sinn ergeben. Eine zeitnahe Umsetzung der neuen Maßnahmen aus der EU-Verpackungsverordnung ist daher für den Handel von oberster Priorität. Die angekündigten delegierten Rechtsakte (allen voran der Rechtsakt zur Korrektur der Mehrwegziele von Transportverpackungen), Durchführungsverordnungen und Leitlinien sollten daher unter Beteiligung betroffener Stakeholder so schnell wie möglich erarbeitet werden.
Die EU-Verpackungsverordnung deckt ein sehr breites Spektrum an Maßnahmen ab. Im Sinne einer EU-weiten Harmonisierung und einheitlichen Umsetzung plädiert der HDE dafür, dass sich die Wirkung der neuen Maßnahmen nun zunächst entfalten muss und die angestrebten Ziele zur Verringerung der Verpackungsabfälle auf diesem Weg erreicht werden.
Auf nationaler Ebene sollten alle angedachten Maßnahmen zur Novellierung des Verpackungsgesetzes und weitere Maßnahmen darüber hinaus auf Vereinbarkeit mit den europäischen Gesetzen geprüft und geplant werden. Eine Novellierung des § 21 VerpackG sollte dabei zügig und bestenfalls im Rahmen einer Anpassung an die PPWR erfolgen. Der Handel unterstützt dieses Vorhaben ausdrücklich und plädiert für eine privatrechtliche Lösung. Im Hinblick auf Überlegungen zu Plastiksteuern oder kommunalen Lösungen für Verpackungssteuern sollte auf eine praxisnahe und faire Umsetzung hingewirkt werden. Eine Besteuerung von Plastikverpackungen zusätzlich zu den bereits zu leistenden Abgaben durch die Entgelte an die Dualen Systeme und die ab 2025 geltende Einwegkunststoffabgabe würde eine weitere Belastung für ein und dieselbe Verpackungsart bedeuten. Derartige Mehrfachbelastungen sind nicht angebracht und könnten zu Preiserhöhungen führen. Etwaige kommunale Abgaben auf ebensolche Produkte, bei denen die Kommunen selbst über Höhe und Ausgestaltung der Steuern bestimmen könnten, hätte einen Flickenteppich von Regelungen zur Folge, die in der Praxis für die Unternehmen erhebliche Umsetzungsschwierigkeiten bedeutet.
Der Handel spricht sich hier klar für aufeinander abgestimmte Regelungen aus, die alle politischen Ebenen und Maßnahmen berücksichtigt.
Stefanie Stadie
Referentin Umwelt
E-Mail: stadie@hde.de
Standort stärken - Energiekosten
So sieht es aus
Energiekosten bleiben hoch, Netzentgelte steigen
Die Energiepreise sind seit Beginn der Energiekrise zwar gesunken, liegen jedoch noch längst nicht auf einem Niveau, das für einen international wettbewerbsfähigen Standort notwendig wäre. Hohe Energiekosten bremsen weiterhin die Erholung der Wirtschaft von den Krisen der letzten Jahre. Die Energiekrise sollte nicht am Beginn des russischen Angriffskriegs (Februar 2022), sondern an dem rasanten Anstieg der Energiepreise ca. ein halbes Jahr vor dem Beginn des Krieges festgemacht werden. Hinzu kommt die Problematik der steigenden Netzentgelte, wodurch die Energiekosten weiter ansteigen. Der massive Stromnetzausbau ist eine Grundvoraussetzung für die Energiewende. Allerdings sollte darüber nachgedacht werden, wie die Energiewende sowie der Netzausbau künftig finanziert werden sollen, damit die Netzentgelte nicht so massiv steigen und die Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen nicht zu sehr belastet werden. Schließlich gibt es bei den Netzentgelten Privilegien, die in der aktuellen Form nicht mehr zeitgemäß sind.
Die Herausforderung
Hohe Energiekosten belasten Handelsunternehmen
Hohe Energiekosten bremsen weiterhin die Erholung der Wirtschaft von den Krisen der letzten Jahre. Vor allem steigende Netzentgelte verunsichern Unternehmen massiv und belasten VerbraucherInnen.
Das Modell der Kostenverteilung der Netzentgelte ist bei zunehmendem Ausbau von PV- und Windkraftanlagen nicht mehr zeitgemäß und sollte an die dezentrale Energieerzeugung angepasst werden.
Zeit zum Handeln
Bezahlbare Energie ist Schlüssel für den Standort Deutschland
Für das Gelingen der Energiewende ist es entscheidend, dass Unternehmen in hohem Maße elektrifizieren können, weshalb Strom im Vergleich zu fossilen Energieträgern deutlich günstiger sein muss. Die Stromsteuer sollte aus diesem Grund dringend nicht nur für die Industrie, sondern für alle auf EU-Mindestmaß abgesenkt werden.
Es bedarf dringend einer Entlastung von stark ansteigenden Kosten bei Netzentgelten. Der Einzelhandel möchte weiterhin mit dem Aufbau von PV-Anlagen zur Energiewende beitragen, erkennt aber zugleich die Verantwortung bei der Finanzierung der Netzentgelte. In Zeiten der steigenden Stromnetzentgelte und eines massiven Netzausbaubedarfs sollte die Kostenverteilung bei den Netzentgelten überdacht werden: Denkbar wäre unter anderem, dass durch die voranschreitende Dezentralisierung des Systems der Energieerzeugung sich auch Betreiber von Solar- und Windkraftanlagen an den Netzgebühren beteiligen, gemessen an der tatsächlich stattgefundenen Einspeisung. Denn gerade Betreiber von Solar- und Windkraftanlagen verursachen den Netzausbaubedarf. Dabei sollte die Beteiligung der EE-Anlagen an den Stromnetzentgelten sowohl für Neu- als auch für Bestandsanlagen gelten. Wichtig ist jedoch, dass der Ausbau von PV im gleichen Zug nicht durch falsche Anreize behindert wird. Zudem sollte es durch die Beteiligung von EE-Anlagen an Netzentgelten zu einer Absenkung der Netzentgelte beim Strombezug kommen.
Kundyz Alibekova
Energie- und Klimapolitik
E-Mail: E-Mail: alibekova@hde.de
Standort stärken - Bürokratie
So sieht es aus
Bürokratie engt Handlungsspielräume ein
Bürokratie lähmt die Wirtschaft, hemmt Neugründungen und Unternehmensnachfolgen. Die Belastungen treffen Unternehmen aller Größen und Branchen. Maßnahmen zum Bürokratieabbau kommen bisher nicht bei den Betrieben an. 97% der vom HDE befragten Händlerinnen und Händler sehen einen Negativtrend, fast zwei Drittel eine deutliche Erhöhung der Bürokratielasten in den vergangenen 5 Jahren.
Der größte Bürokratietreiber ist dabei der Bund, gefolgt von der EU. Besonders größere Unternehmen klagen häufig über die EU als Regelungsgeber. Bei kleineren Unternehmen sind häufig auch Bundesländer im Fokus.
Die Herausforderung
Entlastungen kommen nicht an
Angesichts schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen ist es von entscheidender Bedeutung, die Betriebe von Bürokratie zu entlasten und Spielräume für unternehmerisches Handeln zu eröffnen. Im Rahmen von weiteren Bürokratieentlastungsgesetzen sind schnell wirksame und umfassende Maßnahmen umzusetzen.
Zeit zum Handeln
Prioritätenliste Bürokratieabbau
• Arbeitszeit – mehr Flexibilisierung für eine digitalisierte Arbeitswelt
• EU-Entgelttransparenzrichtlinie – Umsetzungsfrist ausschöpfen
• Arbeitszeitdokumentation – schlankere Lösung ermöglichen
• Bundesdatenschutzgesetz – zusätzliche Regeln streichen
• Energieeffizienzgesetz – Regeln entschlacken
• Ausbau von Photovoltaik – Hürden abbauen
• Planungs- und Genehmigungsverfahren – beschleunigen und vereinfachen
• Nachhaltigkeitsberichterstattung – weniger Pflichten, mehr Ressourcen für Kerngeschäft
• Amtliche Statistik – besser vernetzen
Olaf Roik
Bereichsleiter Wirtschaftspolitik
E-Mail: E-Mail: roik@hde.de
Standort stärken - Ladeinfrastruktur
So sieht es aus
Hemmnisse auf dem Weg zur bedarfsgerechten Ladeinfrastruktur
Der deutsche Einzelhandel ist beim Ausbau von Ladeinfrastruktur seit Jahren stark engagiert: So stellt der Handel mehr als 15 Prozent aller öffentlich zugänglichen Ladepunkte, und jeder dritte Schnellladepunkt in Deutschland steht auf einem Handelsparkplatz. Zugleich gibt es regulatorische Ansätze, die nicht förderlich sind, wie z. B. starre, auf die Anzahl der Ladepunkte ausgerichtete Ausbaupflichten der EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie (Energy Performance of Buildings Directive – EPBD). Diese sieht vor, dass künftig eine bestimmte fixierte Anzahl an Ladepunkten installiert werden muss, unabhängig vom Ladeverhalten der jeweiligen Nutzerinnen und Nutzer und von der Ladeleistung, die zu diesem Ladeverhalten entsprechend passt. Jedoch ist dieser Ansatz gerade im Einzelhandel nicht sinnvoll und nicht zielführend, da Handelsstandorte – wenn es um das Ladeverhalten der Kundschaft geht – ein Exot sind. Zugleich werden solche starren Ausbaupflichten vor dem Hintergrund der Krise in den Verteilnetzen nicht zu einer Beschleunigung des Ausbaus von Ladeinfrastruktur in der Praxis führen. Massive Verzögerungen und viel zu unterschiedliche Anforderungen der rund 860 Verteilnetzbetreiber gehören seit Monaten zur Realität des Ausbaus von Ladeinfrastruktur.
Schließlich gibt es stromsteuerrechtliche Nachteile im Bereich der Elektromobilität, die nicht mehr zeitgemäß sind und dringend angepasst werden sollten.
Die Herausforderung
Starre Ausbaupflichten & Bürokratie verhindern Verkehrswende
Problematisch sind solche quantitativen Ausbaupflichten, weil das besondere Ladeverhalten der Kundschaft auf Handelsparkplätzen nicht berücksichtigt wird. Die durchschnittliche Ladezeit beträgt im Einzelhandel 30 bis 60 Minuten (EHI Retail Institute), weshalb auf Handelsparkplätzen meistens Schnellladesäulen errichtet werden. Auf die bloße Anzahl der Ladesäulen ausgelegte Ausbaupflichten würden der Verkehrswende deshalb massiv schaden.
Zeit zum Handeln
Bedarfs- und nutzergerechten Ausbau von Ladesäulen ermöglichen!
Für einen echten Beitrag zur Verkehrswende sollte bei der nationalen Umsetzung der EPBD unbedingt den Besonderheiten des Ladeverhaltens an Handelsstandorten Rechnung getragen werden. Denkbar wäre konkret eine Unterscheidung der Gebäudekategorien und eine entsprechende Ausnahme für Handelsstandorte, für welche alternativ zu quantitativen Ausbaupflichten eine Gesamtladeleistungs-Pflicht gelten sollte. Darüber hinaus sollte es weiterhin möglich bleiben, Standorte zu bündeln bzw. zu kumulieren (GEIG 2021 § 10 Abs. 2). Auf diese Weise bleibt ein nutzer- und bedarfsgerechter Ausbau von Ladeinfrastruktur weiterhin möglich.
Auch die Pflichten zur Vorverkabelung sollten gründlich bearbeitet werden: Damit unsere Ladestandorte zukunftsfähig bleiben, sollte bei neuen Gebäuden die Verlegung von Leerrohren statt Vorverkabelung vorgesehen werden. Anstelle der in Art. 14 Abs. 1 der EPBD vorgesehenen Vorverkabelung sollte Verlegung von Leerrohren von Stellplätzen vorgeschrieben sein, soweit dies technisch und wirtschaftlich realisierbar und zumutbar ist. Bei bestehenden Gebäuden sollte – so wie in der EPBD-Novelle vorgesehen – die Flexibilität bestehen, ob Leerrohre verlegt oder Ladepunkte installiert werden (u. a. Art. 14 Abs. 2, 5).
Damit Kundinnen und Kunden schneller Zugriff zu den aufgebauten Ladepunkten bekommen, sind Netzanschlussverfahren dringend zu beschleunigen: Es bedarf Maßnahmen zur Entbürokratisierung und Vereinfachung bzw. Vereinheitlichung der Netzanschlussverfahren. Die technischen Anschlussbedingungen (TAB) für die Netzanschlüsse sind dringend zu vereinheitlichen. Die Antragsverfahren in der Nieder- und Mittelspannung sowie die Anforderungen an die bei den Netzbetreibern einzureichenden Dokumente sollten vereinheitlicht und schneller digitalisiert werden. Damit Handelsunternehmen Planungssicherheit für ihre Investitionen haben, sollten dringend verpflichtende Rückmeldefristen für Verteilnetzbetreiber festgelegt werden (z. B. acht Wochen für die gesamte Bearbeitung bis zur Netzanschlusszusage). Fehlende Rückmeldungen seitens der Verteilnetzbetreiber sollten sanktioniert und ggf. als Zustimmung zum Vorhaben bewertet werden dürfen.
Die stromsteuerrechtlichen Nachteile im Bereich der Elektromobilität sollten ebenfalls behoben werden (z.B. über sog. Letztverbraucherfiktion).
Kundyz Alibekova
Energie- und Klimapolitik
E-Mail: alibekova@hde.de
Standort stärken - PV-Ausbau
So sieht es aus
Hemmnisse auf dem Weg zum Photovoltaik-Ausbau
Damit die Energiewende zügig gelingt, muss auch der Ausbau von PV-Anlagen beschleunigt werden. Dem Einzelhandel kommt hierbei eine bedeutende Rolle zu, die er auch aktiv wahrnimmt. Insbesondere findet der Ausbau durch PV-Dachanlagen auf Verkaufsstandorten sowie den Logistik- und Verteilzentren statt. Bislang wurden mehr als 5 Millionen m² PV-Fläche auf den Dächern des Einzelhandels installiert. Die aktuellen Rahmenbedingungen sind jedoch nicht förderlich und bedürfen substanzieller Verbesserungen. Der Ausbau von Photovoltaik ist für Handelsunternehmen mit einem hohen Bürokratieaufwand verbunden. Einige Regelungen sind überflüssig und zu vereinheitlichen, an anderen Stellen bedarf es einer Klarstellung in der Gesetzgebung. So existieren aktuell in den Bundesländern unterschiedliche Ansätze zum verpflichtenden Ausbau und dazugehörigen Anlagenvorgaben.
Auch ca. 860 Verteilnetzbetreiber haben viel zu unterschiedliche technische Anschlussbedingungen (TABs) sowie Anforderungen an Dokumentation. Außerdem gelten PV-Anlagen an unterschiedlichen Standorten aktuell grundsätzlich als eine Anlage zur Stromerzeugung, sofern sie zum Zweck der Stromerzeugung zentral gesteuert werden (bei Direktvermarktung immer gegeben) und der erzeugte Strom teilweise in das Versorgungsnetz eingespeist werden soll. Durch diese „Verklammerung von Anlagen“ verlieren die Betreiber der Anlagen ihre Stromsteuerbefreiung für die eigenverbrauchten und an Dritte im räumlichen Zusammenhang geleisteten Strommengen, sobald die aufsummierte elektrische Nennleistung der Anlagen eines Betreibers 2 MW überschreitet. So können Dachflächen in Handel und Gewerbe nicht voll belegt werden.
Die Herausforderung
Regulatorische Hürden fressen Ressourcen beim PV-Ausbau
Der regulatorische Flickenteppich aus unterschiedlichen Ansätzen zum verpflichtenden PV-Ausbau und dazugehörigen Anlagenvorgaben in den Bundesländern führt zu Verzögerungen und verteuert den Prozess unnötig. Das Gleiche gilt für Netzanschlussverfahren: Die technischen Anschlussbedingungen (TABs) und Anforderungen an Anträge und Verfahren der ca. 860 Verteilnetzbetreiber sind viel zu unterschiedlich und binden unnötig Ressourcen in den Unternehmen. Die Direktvermarktung bereitet aktuell zu viel Bürokratieaufwand und die Grenze für die unentgeltliche Abnahme ist aktuell zu niedrig angesetzt.
Zeit zum Handeln
PV-Ausbau entbürokratisieren, vereinheitlichen und vereinfachen
Die Einführung eines Kataloggeschäfts und der bundeseinheitlichen Regelungen, Verfahren und Planungsvorgaben, nach welchen die PV-Anlagen gebaut werden, würde einen standardisierten Aufbau der Anlagen ermöglichen. Gerade für große Handelsunternehmen, die Standorte in mehreren Bundesländern haben, wäre dies eine entscheidende Vereinfachung und somit ein Beschleunigungsfaktor für den Ausbau. Dabei darf es nicht zu Vorgaben für Mindestmodulflächen kommen: Handelsunternehmen sollen weiterhin Eigenbedarfanlagen bauen dürfen, ohne eine implizite Einspeisepflicht, die mit einer Mindestmodulfläche gelten würde. PV-Carports, die in manchen Bundesländern verpflichtend sind, sollten bundesweit eine freiwillige Maßnahme sein.
Netzanschlussverfahren sind ebenfalls bürokratiearm zu gestalten und netzbetreiberübergreifend zu vereinheitlichen: Technische Anschlussbedingungen (TABs) sowie Formulare und Verfahren sollten einheitlich gestaltet werden. Um Investitionen in den PV-Ausbau und ihre Wirtschaftlichkeit gut planen zu können, brauchen Handelsunternehmen dringend verpflichtende Rückmeldefristen für Verteilnetzbetreiber (z.B. acht Wochen). Fehlende Rückmeldungen seitens der Verteilnetzbetreiber sollten sanktioniert werden bzw. als Zustimmung bewertet werden dürfen.
Dem angestrebten Systemwechsel beim EE-Förderregime sollte man einerseits mit Entbürokratisierung und Vereinfachung der Direktvermarktung, andererseits mit der Anhebung der unentgeltlichen Abnahme auf mind. 600 kWp begegnen. Es ist bei der Neuordnung der EEG-Vergütung und der Direktvermarktung jedoch wichtig darauf zu achten, dass die Kosten für kleine Anlagen nicht aus dem Ruder laufen. Die Grenze für verpflichtende Zertifizierungen wurde zwar bereits auf 270 kW Einspeiseleistung / 500 kW installierte Leistung angehoben, sollte jedoch auf 1 MW angehoben werden. Dies würde die Netzbetreiber hinsichtlich des Zertifizierungsstaus entlasten und Anlagenbetreibern einen schnelleren Ausbau ermöglichen. Schließlich sollten dringend Lücken in der bisherigen Gesetzgebung geschlossen und die stromsteuerrechtlichen Nachteile der Anlagenverklammerung behoben werden. Denn dieses Hemmnis führt dazu, dass Dachpotenziale nicht vollständig erschlossen werden können.
Kundyz Alibekova
Energie- und Klimapolitik
E-Mail: alibekova@hde.de